24. Jahrestagung des DFGS: Kulturelle und sprachliche Vielfalt

Der diesjährige Jahrestag des Deutschen Fachverbandes Logo DFGS-TagungGehörlosen und Schwerhörigenpädagogik e.V. am 24. und 25. November 2017 in Münster stand unter dem Thema kulturelle und sprachliche Vielfalt.

Der erste Vorsitzende des DFGS Paul Heeg erklärte in seinem Eröffnungsvortrag, dass es nicht DIE Welt der Hörenden, DIE Welt der Gehörlosen oder DIE Welt der Schwerhörigen gibt, sondern eine kulturelle und sprachliche Vielfalt.

Martina Wolff von der Münsterlandschule bestätigte Paul Heegs Worte. Sie sagte, dass es Menschen und Lehrkräfte braucht, die pädagogisch reflektiert sind und auf die kulturelle und sprachliche Vielfalt eingehen. Zur sprachlichen Vielfalt gehört auch die DGS, welche oft ein Bindeglied darstellt für eine gelungene Kommunikation von Schülerinnen und Schülern anderer Kulturen und Sprachen.

Joachim Ludwig aus Hannover als dritter Grußwortredner vertrat die BDH Bundesvorsitzende Susanne Keppner. Er beteuerte, dass die Verbandsarbeit gerade in Zeiten wie diesen, gefragt ist. Schön ist zu sehen, dass die beide Verbände näher zusammengerückt sind und ein reger Austausch stattfindet.

Prof. Rathmann beim Einführungsvortrag

Professor Dr. Christian Rathmann hielt den Einführungsvortrag. Er berichtete von dem aktuellen Fall des CI Zwangs in Goslar. Eine gehörlose Familie stand am 20.11.2017 vor Gericht. Das Klinikum hatte sie angeklagt, da sie keine CI Implantation für ihr Kind wünschten. Es ist noch offen, wie die Gerichtsverhandlung ausgeht.

Prof. Dr. Rathmann zeigte Studien auf und stellte die Ergebnisse zum Einfluss auf die kognitive Entwicklung vor. Regelmäßiges und häufiges Training der Wahrnehmung akustischer Reize soll, laut Professor Kral von der Universität in Hannover, gewährleisten, dass kognitive Prozesse entwickelt werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich diese kognitiven Fähigkeiten auch über die visuelle Wahrnehmung entwickeln. Somit können Kinder, die gebärdensprachlich aufwachen, im gleichen Maße diese kognitiven Prozesse ausprägen. Diese Multimodalität ist die Voraussetzung für eine sprachliche Vielfalt.

 

D-A-CH auf dem Weg zur bimodal-bilingualen Bildung. Ergebnisse des Projekts De-Sign Bilingual

Dr. Mireille Audeoud, Prof. Dr. Claudia Becker und Dr. Verena Krausneker stellten das Projekt De-Sign vor. Genauere Informationen finden Sie unter:

www.univie.ac.at/map-designbilingual

Die heutige Schülerschaft ist sehr heterogen und es kann nicht in den zwei Dimensionen Schwerhörigkeit und Gehörlos gedacht werden. Vielfach kommen Mehrfachbehinderungen dazu. Bilinguale Bildung hat die beide Sprachen Lautsprache und Gebärdensprache im Blick. Diese Heterogenität ist eine der größten Herausforderungen. Es gibt keinen Königsweg, sondern viele unterschiedliche Modelle, wie in den Good Practise Beispielen zu sehen ist.

Das Recht auf Gebärdensprache, was in der UN Konvention verankert ist, findet nicht flächendeckend statt. Es bedarf neuer Lösungen für bi-bi Bildung in der inklusiven Schule. Hierbei müssen die Förderschulen eine Schlüsselqualifikation haben, da sie die Kinder in der Regel von der Frühförderung an begleiten.

 

Bilingual zum Abitur an der Stadtteilschule Hamburg Mitte in Kooperation mit der Elbschule Hamburg

Das Modell startete 2014 mit dem Antrag einer Schülerin, die in Hamburg ihr Abitur machen wollte. Die Klasse bestand aus Hörenden, Schwerhörigen und einer gehörlosen Schülerin.

Zwei Lehrer auf Augenhöhe unterrichten gemeinsam in zwei Sprachen im Team. Der nichtgebärdensprachkompetente Lehrer hat die Möglichkeit sich in Kursangeboten an der Schule weiterzubilden. Für die Schüler gibt es bis zur Klasse 11 Gebärdensprachkurse als Wahlpflichtfach, die auch benotet werden.

Durch klare Unterrichtstrukturen, verstärkter eingesetzte Visualisierungen und insbesondere durch abwechslungsreiche Unterrichtsmethoden wird das Modell möglich gemacht. Im Bereich der technischen Unterstützung werden Tablets mit Spracherkennung eingesetzt.

 

Deaf Holokaust, deutsche taube Juden und taube Nationalsozialisten

Mark Zaurov stellt eine historisch fundierte DVD zum Thema Deaf Holokaust vor. Hier schildert er die unterschiedlichsten Biografien deutscher tauber Juden, tauber Nationalsozialisten und tauber jüdischer Abstammung aus der Zeit des Deutschen Reiches. Darüber hinaus werden Orte und Institutionen vorgestellt, die im Nationalsozialismus zerstört wurden. In kleinen Videos in Deutscher Gebärdensprache liefert der Historiker didaktisch aufgebautes Unterrichtsmarerial (www.igjad.de).

 

Alles nur in meinem Kopf
Saskia Burchard -Böhler und Sabine Kolbe stellen ihre Umsetzung der bilingual-bimodalen Unterrichtung in ihrer Klasse der Marcusalle Schule Bremen vor.

Darüber hinaus gab es viele weitere interessante Workshops.

Bericht: Claudia Bielefeld